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Abarth 500e Turismo – Test / Fahrbericht

Ich würde mich als Neuzeit-Abarth-Fahrer der ersten Stunde bezeichnen – was das auf sich hat und warum mich der neue, rein-elektrische Abarth 500e Turismo begeistert hat, erfährst du jetzt!

Carlo Abarth hat 1949, zusammen mit Guido Scagliarini die Firma Abarth & C gegründet. Das erste Fahrzeug war der Abarth Cisitalia 204A auf Basis eines FIAT 1100, mit dem die “Squadra Abarth” auf Anhieb verschiedene Rennen und Rennserien gewann. Nur wenige Jahre später, wurde Abarth zu einem Inbegriff für Rennsport und Tuning mit rund 375 Angestellten und 300’000 produzierten Auspuffanlagen pro Jahr.

Zeitsprung in die Jahre 2007/2008: Abarth wird mit dem Abarth Grande Punto und dem Abarth 500 erneut als eigenständige Marke etabliert und 2010, ab Tag 1 nach meiner Führerscheinprüfung, durfte ich einen weissen Grande Punto Abarth mit roten Dekorstreifen mein Eigen nennen. Es war das Tor zur Welt und das Katapult in die Galaxis der Fahrfreude, nicht unbedingt durch Leistung, sondern durch Emotionen, Klang und dem italienischen Abarth-Flair. Begeistert hat auch der damalige Seltenheitsgrad der Abarth-Modelle und deren umso passionierteren Besitzer.

Erneuter Zeitsprung: 2024. Abarth will einen kleinen, frechen Elektrosportwagen anbieten und Elektromobilität ganz Abarth-typisch frech und mit vielen Emotionen vermitteln. Gute Idee, denn von der Sorte “klein und witzig” gibt es bisher deutlich zu wenige Stromer. Bestes Beispiel wie Abarth sich selbst und seine Mission sieht?

Der Werbespot zum Abarth 500e zeigt einen katholischen Priester, der eine Beichte abnimmt, scheinbar schlimmer als Untreue und Diebstahl, wird die “Konvertierung” des Beichtenden hin zu einem Elektroauto in einer amüsanten Art und Weise dargestellt. Werbung können sie, denn an einen witzigeren Umgang mit der katholischen Kirche, im doch sehr traditionellen Italien, ist kaum zu denken.

Damit wir nicht auch beichten müssen, ist nun dringend Zeit für erste Impressionen – was ist den nun mit dem frechen Stromer? Die erste Sitzprobe begeistert. Endlich gibt es eine gute Ergonomie auch für grosse Personen, die Qualitätsanmutung ist weit besser als erwartet. Startknopf drücken und los.

Überraschend erklingt ein Gitarrenriff aus den Lautsprechern. Diese ungewöhnliche Kombination von Gitarre und Abarth passt nicht ganz zusammen. Hinzu kommt, dass die Klangqualität enttäuschend ist – ein Widerspruch zu den ansonsten soliden Boxen. Vermutlich liegt das Problem bei der Aufnahme. Die gute Nachricht: Lässt sich permanent deaktivieren. Gesagt getan. Nächster akustischer Schwerpunkt: Der Abarth röhrt wie ein Elch in der Paarungszeit. Im Stand (im P oder N) lässt sich der “Motor” über Gaspedal-Inputs auch “Hochdrehen” und ist, überraschenderweise vor allem Aussen, wirklich sehr laut. Ob nötig oder nicht, darüber lässt sich streiten, aber auf jeden Fall: Witzig, frech und unterhaltsam.

Fahren. Das will der kleine Abarth und auch hier gibt es viel Gutes zu berichten. Die gewachsenen Aussenabmessungen, primär die +6 cm in der Breite, die grösseren Räder (18″ Leichtmetallfelgen, 205/40 R18) und der längere Radstand (+2.4 cm) sorgen für ein erwachseneres, aber nicht minder-wildes Vorwärtskommen. Das sofort-anliegende Drehmoment von 235 Newtonmeter, begleitet von 155 PS, ist besonders in tieferen Geschwindigkeitsregionen wirklich sehr amüsant und enge Haarnadelkurven werden auch schon mal mit einem durchdrehenden, kurveninneren Vorderrad quittiert.

Dazu gibt es seitens Abarth tatsächlich offizielle Zahlen: Im Vergleich zu seinem benzinbetriebenen Pendant erreicht der Abarth 500e eine um 50 Prozent bessere Beschleunigung von 20 auf 40 km/h. Von 40 auf 60 km/h beschleunigt er in nur 1,5 Sekunden – die Benzinversion hinkt in diesem Vergleich 15 Meter hinterher: Sie erreicht Tempo 60 km/h erst eine Sekunde später. Soweit so gut, über 90 km/h wird es jedoch spürbar weniger “sportlich” und besonders über 120 km/h geht ihm jedoch schon arg “der Saft” aus. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 155 km/h.

Wilder im tiefen und mittleren Geschwindigkeitsbereich, aber gleichermassen komfortabler, hochwertiger bei deutlich mehr Rückmeldung. Die Lenkung in den Verbrennerbrüdern war schwergängig und abgekoppelt, hier ist sie feinfühliger, gibt mehr Rückmeldung und spricht feiner an. Das Fahrwerk. Ein gigantischer Sprung vorwärts. Wo der Vorgänger, vor allem die angeschärften Fahrzeuge mit Koni-Dämpfer, staubtrocken über Unebenheiten gepoltert sind und eine ausgeprägte Neigung zum “Hoppeln” hatten, ist hier, wohl auch durch die rund 300 kg Mehrgewicht (etwas über 1400 kg Leergewicht) deutlich mehr Ruhe eingekehrt.

Der Abrollkomfort und der Umgang mit Unebenheiten empfinde ich als deutlich gedämpfter, wenn auch noch immer angenehm direkt, halt nur unter der Grenze, dass es im Alltag nervig wird. Der tiefe Schwerpunkt sorgt auch dafür, dass die Kurvenperformance, respektive der Grenzbereich, wunderbar weit oben liegen und man optisch, wie auch im Fahrgefühl, deutlich satter am Asphalt klebt. All das lässt den Abarth 500e erwachsener und hochwertiger wirken, fast mehr wie ein schneller MINI der R-Generation, als ein Verbrenner-Abarth. Diese Fahrzeuge bewegen sich so, als wäre das Auto fast quadratisch in seiner Geometrie und mit tiefem Schwerpunkt – wer einmal ein gutes Exemplar gefahren ist, weiss wovon ich spreche.

Wir müssen über die Fahrmodi sprechen. In “Turismo” wird die Leistung auf 136 PS und 220 Nm begrenzt. Die Lenkung wird weniger schwergängig, es kommt weniger Motorklang aus den Lautsprechern. In “Scorpion Street” ist zwar alles angeschärft, jedoch auch mit maximaler Rekuperation bei Gaswegnahme, also One-Pedal-Driving. Bei “Scorpion Track” ist nun maximale Attacke angesagt, ohne starke Rekuperation. Leider lassen sich die Attribute nicht individuell einstellen, das fehlt mir.

So fahre ich immer im “Scorpion Track” Modus, für maximale Leistung und ohne One-Pedal-Driving. Leider sind hier auch die Lautsprecher mit “Motorklang” auf volle Dröhnung eingestellt. Im Stop & Go und durch die Stadt ganz witzig, nervt es bei 80 km/h oder sogar 120 km/h wirklich sehr ordentlich, weil die Lautstärke sich nur an der Geschwindigkeit orientiert und nicht an der Gaspedalstellung. Halte ich konsequent 80 km/h, ist der Klang permanent gleich laut, als würde ich bei einem Verbrenner bei gleichbleibender Drehzahl stets kurz vor dem Drehzahlbegrenzer stehen. Nervig und witzig gleichzeitig, erinnert es mich doch sehr an die Zeit mit meinem Abarth Grande Punto, der dank Supersprint Auspuffanlage ab Turbo fast mehr Dezibel als PS hatte und bei höheren Geschwindigkeiten eine ausgesprochene Tendenz zum Dröhnen an den Tag gelegt hat.

Zurück zum Abarth 500e. Will ich den Klang ausschalten, kann ich es nur bei stehendem Fahrzeug machen und muss dann nicht etwa im grossen Infotainment-Touchscreen (10,25 Zoll) suchen, sondern über die Lenkradtasten im 7-Zoll-Tacho-Bildschirm die Einstellung suchen, anwählen und deaktivieren. Das gefällt mir gar nicht. Sinnvoller wäre es, wenn man das mit einem Tastendruck auch während der Fahrt ein- und ausschalten könnte. Beim Porsche Taycan habe ich gesehen, dass es manchmal ganz hilfreich ist, wenn man gehört wird (Fahrräder, Fussgänger etc.) und sich diese Situationen nicht vor Fahrtantritt schon bestimmen lassen.

In unserer Version “Turismo” lässt sich, nebst der Karrosserieform (Cabrio oder geschlossener 500), zwischen den Aussenfarben “Acid Grün” und “Poison Blau” wählen. Neu gibt es auch noch “Antidote Weiss”, “Adrenaline Rot” und “Venom Schwarz”. Innen findet man alle Akzente in Grün und Blau, sehr geschmackvoll kombiniert: Am Lenkrad ist die 12-Uhr-Markierung in Hellblau gehalten, der Skorpion in der Mitte ist in Hellgrün und rundherum gibt es griffige Alcantara-Einsätze. Die Alcantara-Sportsitze mit integrierter Kopfstütze sind sehr komfortabel und kommen erneut mit blauer und grüner Doppelnaht, sowie einem hellgrün-genähten Skorpion in der Kopfstütze daher. Die Sitzposition ist deutlich tiefer als in den Verbrenner-Modellen, jedoch für Sportfahrer immer noch an der oberen Grenze. Endlich: Das Lenkrad ist in der Höhe, wie auch in der Länge verstellbar.

Das Armaturenbrett ist ebenfalls in Alcantara gehalten und grundsätzlich alles, was man anfasst, ist sehr hochwertig. Deutlich hochwertiger als man es bisher gekannt hat. Es gibt ein festes Glasdach, zwei induktive Lademöglichkeiten, drei USB-Anschlüsse und unzählige Ablagemöglichkeiten. Witzige Entdeckungen und Anmerkungen sind überall versteckt, ein Beispiel: Im Türgriff ist ein alter Abarth 500 der 60er Jahre eingeprägt mit den Worten “Made in Torino”. Das Infotainment ist zeitgemäss, bietet Apple Carplay und reagiert zügig. Die JBL Musikanlage ist zwar etwas zu basslastig, aber durchaus auf das junge- oder junggebliebene Klientel abgestimmt.

Aus Gründen die mir nicht bekannt sind, hat Abarth den verfügbaren Abstandhaltetempomat (ACC) aus dem Fiat 500e wegrationiert. Zwar gibt es einen autonomen Notbremsassistenten, eine intelligente Geschwindigkeitsregelung inkl. Verkehrszeicheninformation​, sowie einen Spurhalte-, Totwinkel-, Aufmerksamkeits- und E-Call-Assistenten, aber ein Distanzhalter fehlt leider – sehr schade!

Optikcheck. “Acid Grün” ist so richtig wild. Meine Nachbarn haben vom “fahrenden Textmarker” oder auch vom “hellgrünen Krawallmacher” gesprochen – ich stimme ihnen zu und finde es absolut genial. Die Marke in Grossbuchstaben ausgeschrieben an der Front, grimmiger Blick mit Voll-LED-Scheinwerfern, sportlich muskulöse Seitenschweller, weisser Heckdiffusor-Einsatz – Zurückhaltung ist hier fehl am Platz.

Was fehlt noch? Laden, Reichweite und ein Blick auf die Batterie. Abarth nutzt die exakt gleich grosse 42 kWh Batterie wie im Fiat 500e. Mehr Leistung und sportlichere Gangart bei gleicher Batteriegrösse sind kein gutes Rezept und somit wird der Abarth 500e nicht zu einem Reichweitengigant. Abarth sagt 250 km, in unserem Test bei Schnee und kalten Temperaturen (< 5 Grad Celsius) waren das bei schwerem Gasfuss nur noch 120 – 140 km an Reichweite. Ziemlich mies? Ja, liegt auch daran, dass der 500e keine Wärmepumpe hat und somit im Winter besonders ineffizient heizt, ergo die Reichweite übermässig leidet. Der maximale Ladespeed liegt bei 85 kW.

Was bleibt also?
Der Abarth 500e Turismo ist eine Sünde wert. Zwar kommt er nicht weit, überzeugt aber in den Hauptdisziplinen Fahrspass, Emotionen, Optik, Ergonomie und Innenraum. Abarth hat sich als erster Hersteller gewagt, einen rein-elektrischen Hothatch auf den Markt zu bringen und das verdient Respekt. Als alter “Abarthisti” hatte ich deutlich mehr Spass, als ich vor dem Test erwartet hatte und bin sehr optimistisch, was die zukünftigen kompakten Elektrosportwagen anbelangt. Auf die Wunschliste für den Abarth 500e kommen ACC, eine Wärmepumpe, ein Softwareupdate für den künstlich erzeugten Motorklang und vielleicht noch einen Hauch mehr Leistung für die Geschwindigkeiten über 90 km/h.

Der Verbrauch lag im sportlichen Schnitt bei 19,3 kWh / 100 km. Der Basispreis für den Abarth 500e Turismo liegt bei CHF 41’990.-. Unser Testwagen liegt bei CHF 42’990.-

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